Tag 19: Memmingen – Aulendorf (54 km, 428 hm)

Aulendorf, günstig gelegen an der Bahnstrecke nach Ravensburg, war heute unser letztes Ziel. Die Radplaner der Bundesländer sind nicht miteinander vernetzt. Dafür gibt es eigentlich den Deutschlandplaner. Aber wie das häufig so ist, Föderalismus setzt Grenzen, die auch ein Bundesplaner nicht überwindet. So suchten wir uns den Weg von Memmingen bis zur Landesgrenze an der Iller selbst und folgten dann dem Radweg von Aitrach nach Aulendorf, den uns der Radwegplaner BW vorschlug.

Wie immer auf dieser Tour ging es senkrecht zu den Bach- und Flussläufen. So war wieder Wellenreiten angesagt, steil runter, steil rauf, mit tollen Ausblicken auf den Gipfeln. Je weiter wir nach Westen kamen, desto weiter wurden die Täler.

In Oberschwaben widmet sich die Landwirtschaft, wie in Niederbayern und Teilen des Allgäus, der Futterproduktion und der Bioenergie. Wir radelten also wieder durch eine Wiesen-, Mais- und ein wenig auch Waldlandschaft, die der Natur in ihrer Vielfalt kaum mehr Spielraum gewährt. Die Bauern ernteten mit haushohem Gerät die Wiesen ab, um sie dann sogleich wieder mit Gülle zu ertränken.

In Treherz protestiert die örtliche Bevölkerung gegen eine erneute Ausbeutung der kleinen Erdöl- und Erdgasfelder, die sich hier zumeist an der Grenze zwischen der Molasse und Schichten des Oligozäns finden lassen. 2015 hatte eine Tochtergesellschaft der BASF die Ausweitung der Testgebiete beantragt. Die örtlichen Zeitungen sprachen schon von „Schwäbisch-Arabien“ und „Klein-Dallas“. Der stark gefallenen Ölpreis macht die Ausbeutung dieser kleinen Öl- und Erdgasfelder jedoch unattraktiv. Die Firma hat derzeit kein Interesse mehr und wollte auch nie Fracking anwenden, sondern wie schon in den Jahrzehnten zuvor Pumpen einsetzen.

Trotz der steilen Höhenmeter und Andreas heute leicht geschwächter Kondition waren wir schon mittags in Bad Waldsee, nur noch 11 Kilometer von Aulendorf entfernt. Hier machten wir eine ausgedehnte Mittagspause unter Bäumen in der ruhigen Fußgängerzone.

Wie schon am Morgen standen wir bei der Weiterfahrt irgendwann vor einer für jeglichen Verkehr gesperrten Straße. Eine Umleitung für Fahrräder war nicht ausgeschildert. Im ersten Fall hatten wir Glück. Die neue Brücke war schon fertig und die Bauarbeiter ließen uns passieren. Die zweite Baustelle sah sehr lang aus, sodass wir uns einen Ersatzweg suchten.

Er führte uns in das Naturschutzgebiet „Oberes Ried“. Zuerst war es ein Forstweg, dann wurde es in spannender Singletrail. Als Höhepunkt mussten wir eine schmale Brücke überqueren, die gerade so breit war, dass die Gepäcktaschen auf den Rädern bleiben konnten. Ihre Bohlen gaben unter unseren Füßen nach, sodass wir vorsichtshalber einzeln über den Bach schritten. Hier konnte man die Natur in ihrer ganzen Vielfalt erleben: blumenreiche Wiesen, Binsen umstandene Tümpel, trockene und nasse Gehölze wechselten sich ab. 

So muss es hier in den Tälern ausgesehen haben, als die Dörfer, wie z.B. Eggmannsried gegründet wurden. Die Dörfer heute hießen aber auch Hauertz, Rupprechts, Truilz, Frauenlob, Schwende, Haisterkirch und Graben.

Nach diesem kleinen Abenteuer radelten wir an der Steinach und am Schussen entlang bis zu unserem heutigen Ziel. Das zugehörige Restaurant bietet urschwäbische Küche. Mal sehen, vielleicht werden wir die Fahrt bei Linsen, Saitlingen und Spätzle beschließen.